Patrick Rössler – Die Geburtsstunde der Stadtmagazine
Lebensgefühl, Lebensraum und Lebenswelt: In Illustrierten der 1920er Jahre spiegelt sich Urbanität wieder; Berichterstattung über das moderne Umfeld, die gleichzeitig Geburtstunde moderner Stadtmagazine markiert. Professor Patrick Rössler stellte auf seiner Online-Plattform www.illustrierte-presse.de rund 650 der wichtigsten Magazine aus diesem Zeitraum zusammen.
Ein Titel wie »Querschnitt« weist aus heutiger Sicht keinerlei Bezug zu urbanen Themen auf, sind aber dennoch bedeutsam: Der Begriff an sich bildet Zeit ab, synonym für die Entwicklungs- und Kulturgeschichte eines aufgeklärten, gebildeten Publikums. Es stammt aus einer neuen Mittelschicht, den Pendlern vom Stadtrand. Neu sind auch die Rollenbilder dieser Mittelschicht: »neue Frauen«, die ihren eigenen städtischen Lebensraum erobern: Mit Unabhängigkeit, Emanzipation, als Auto- und Motorradfahrerinnen.
Prototypisch bilden auch die Titelseiten beispielsweise der Berliner Zeitung zunehmende Urbanisierung ab: Moderne Menschen, umgeben von Technik, mit Motiven der »Berlin bei der Arbeit« bilden sie städtisches Leben auf neue Art ab. Reportagen aus unterschiedlichen Stadtmilieus finden in den Illustrationen und Montagen von Otto Umbehr ihre künstlerische Gegenpole: als Medium der kritischen Auseinandersetzung mit Technikfaszination und teilweise prekären Lebensbedingungen der Großstadtbewohner. Aus den Versatzstücke städtischer Kultur montierte Bilder – auch in Filmen – verdichten wie unter einem Brennglas die überhitzte Zerrissenheit einer ganzen Epoche.
Für klassische Printmedien wird Moderne salonfähig: Geprägt von Bauhaus-Künstlern wie Erich Mendner, mit Elementen der »Neuen Typografie« aus serifenlosen Schriften, mit Weißflächen, Fotografien und schnörkellosem Design. Die Liaison zwischen städtischem Leben und gesellschaftlichen Fragestellungen spiegelt sich auch im Grafikdesign und damit im Erscheinungsbild der Magazine wider: Herausragender Vertreter dieses Stils ist »Das neue Frankfurt«, das sich mit einer Auflage von rund 4000 Stück und als Periodikum als Motor der stilbildenden Auseinandersetzung mit der modernen Urbanität gilt. Das »Frankfurter Register«, eine Beilage, stellt Beispiele modernen Designs vor, darunter die »Frankfurter Küche«.
Die themenbezogenen Magazine der 1920er Jahre ihnen zeitgenössischen Nachfolgern inhaltlich sehr ähnlich: Politische Themen, Berichte über Lebenswelten und gesellschaftliche Veränderungen der Moderne, aber auch Terminkalender, Kulturberichte und vieles mehr. Für die Macher der Magazine stand die Präsentation der Inhalte in moderner Form außer Frage. Bis heute ist diese enge inhaltliche Verbindung prägend geblieben für heutige »City-Magazine«

