Christian Hanke – Looooongform | 5 perspectives on digital editorial
Liebe zum Detail. Maximaler Respekt für den Kunden. Erzählerische Dichte. Das sind die wesentlichen Eckpunkte, auf denen Christian Hanke seine Arbeit für zahlreiche Kunden von Startups über Verlage bis zu Großkunden wie Red Bull aufbaut. Zu seinen Lieblingsbeispielen der erzählerischen Dichte gehört die Reportage »Snowfall« der New York Times; die multimediale Veröffentlichung hat das, was im Netz publiziert worden ist, auf sehr nachhaltige Weise verändert.
Unterschiedliche Erzählebenen in Text, Bild, Video und Ton haben weltweit die Leser der New York Times fasziniert, die Reportage ist mittlerweile mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet worden. Hanke zitiert aus einem enthusiastischen Leserkommentar: »Die Präsentation von Nachrichten wird nie mehr dieselbe sein ...« - insofern hat »Snowfall« neue Maßstäbe für leidenschaftliches Erzählen gesetzt, ob in Ästhetik oder emotionaler Dichte.
Fünf Perspektiven erläutern Hankes Haltung, was digitales Publizieren betrifft: Atmosphärische Verdichtung ist deren wichtigste. Eine Geschichte ist kein Essay, ist keine Kolumne oder Kurzformat – sie braucht ihre ganz eigene Sprache und Grammatik (siehe auch Horst Mosers Vortrag zur Grammatik des Storytelling), um zu fesseln und faszinieren. In der Reichhaltigkeit verschiedener erzählerischer Stilformen liegt das Potenzial dazu. Kein Widerspruch ist es, sich auf wesentliche Aspekte zu konzentrieren. »Manchmal erschlagen Effekte die eigentlichen Geschichte« kritisiert Christian Hanke. In der Annäherung an ein Thema herauszufinden, was eigentlich funktioniert, was Interesse generiert und Leser mitnimmt, liegt für ihn der besondere Reiz des Storytelling.
Zu den interessanten Perspektiven gehört vor allem Responsive Design: Der Weg gestalteter Inhalte von Publikationen auf unterschiedliche Ausgabegeräte von Tablet über Browser bis Smartphone bringt neue Möglichkeiten, entgrenzt zwangsläufig visuelle Darstellungsmöglichkeiten, die in unterschiedlichen Ausgabegeräten funktionieren. Die Rahmenbedingungen für das Publizieren in Vielfalt (das individuell nicht mehr leistbar ist angesichts einer Vielzahl unterschiedlicher Plattformen und Endgeräte) schafft derjenige, der Geschichten gestaltet; mit Klarheit, vor allem aber in passender, angemessener Umsetzung. Erzählen orientiert sich insofern stark am Benutzer, nicht am Designer; digitales Publizieren bedeutet in diesem Kontext auch neue Wege des Ausprobierens, die sich über die Resonanz des Publikums schnell als »funktionierend« herausstellen – oder eben nicht. Christian Hanke umschreibt das mit »erstmal schön zuhören« und meint damit explizit die Bedürfnisse und Erfahrungen der Nutzer.
Solche flexiblen Gestaltungen innerhalb fester Rahmenbedingungen stellen Designer, die an Print gewohnt sind, vor neue Herausforderungen: Hierarchien statt Positionen. Module statt Seiten, Bausteine statt Blöcke. Was statisch an Seitenformaten orientiert war, wandelt sich zu frei kombinierbaren Puzzleteilen für unterschiedliche Raster und Grids. »Es ist wichtig, dass wir als Gestalter verstehen: Es geht nicht um Einzelteile, die wir gestalten, sondern um deren funktionierendes Zusammenspiel.« Nicht nur auf der formalen Ebene der Gestaltung übrigens, sondern auch auf der inhaltlichen: Konzentration auf Marken und Schlüsselmodelle (und damit einhergehend eine konsequente Positionierung und Haltung), ein jederzeit spürbarer Bezug zum jeweiligen Produkt sind mindestens ebenso wichtige Bausteine dieses Zusammenspiels.
Christian Hanke/EdenSpiekermann im Netz


