Pekka Toivonen – What the FAT

»Hello Munich!« brüllt Pekka Toivonen seinem sprachlosen Publikum zu. Es ist perplex, verstummt nach einem Video, das mit allen Versatzstücken aus Porno- und Sex-Industrie spielt. Zwischen Latex-Fetisch, flottem Dreier, übergroßem Plastikpenis und Salatgurken kreiert Toivonen eine absurde Welt aus jungen Menschen, die mit gelangweilter Miene Sexualität mimen. Eine traurige Welt aus Klischees und Pornogesten, die jeglicher Erotik verlustig geht – und sich zugleich gnadenlos lustig macht. Das ist Kunst, das muss man schon mögen. Dem Publikum hat es für einen kurzen Moment glatt die Sprache verschlagen.

Ähnlich schräg, melancholisch und chaotisch muten auch Pekka Toivonens Arbeiten an, die er auf der qved vorstellt: Bewusst digital übersteuerte Klänge eines Videos über ein Plattenlabel, »das erste, club-basierte Plattenlabel der Welt«, der »Provo-Opa«, entlehnt der Figur eines alten Mannes aus der norwegischen Mythologie. Selbst Toivonen tut sich schwer damit, seine sperrige Kunst zu erklären. »Wenn Sie's mögen, ist das in Ordnung. Wenn Sie's nicht mögen, dann mögen Sie's halt nicht. Ist auch in Ordnung.« Der Mann im roten Kapuzen-Hoodie lacht. Sein Publikum auch.

Hinter der sperrigen Verweigerung steckt mehr Konzept, als sich auf den ersten Blick zeigt: Eine Mail Toivonens übersetzt, wovon der Designer spricht. In norwegisch verfasst, spricht sie buchstäblich zu niemanden aus dem Publikum. Ein schöner, alltagstauglicher Beleg für seine Haltung, Kunstwerke, Ideen und Projekte für sich selbst sprechen zu lassen. Können sie das nicht, überzeugen sie nicht auf den ersten Blick, lautet sein lakonisches Fazit, das dann doch bitte direkt bleiben zu lassen und gar nicht erst über die Umsetzung nachzudenken. Ein spannender Bogenschlag zu Mike Meirés gestrigem Vortrag übrigens, der Ähnliches postulierte: Der Künstler, der immer seine Idee in die Waagschale wirft. Und sich selbst. Überzeugt das nicht, ist das Experiment gescheitert – schon vor dessen Umsetzung. So einfach, so schlicht und vor allem: Wahr.

Das augenzwinkernd schräge, bewusst unperfekt chaotisch inszenierte Video des Einblicks in »FAT« bringt nicht nur das Publikum zum Lachen. Soviel verwirrendes Chaos erzählt neben den merkwürdigen Geschichten über merkwürdige Designer, die ein merkwürdiges Magazin gestalten, eine ganz andere Wahrheit: Dass dieser komplexe Wirrwarr des Chaos eine Form der Ordnungsbildung beinhaltet, die Kreativität generiert. Nicht neu, aber eine Erkenntnis der Wissenschaft, genauer: Der Chaosforschung, die das (kreative) Chaos als Ordnung in ihrer komplexesten Form bezeichnet.

Pekka Toivonen im Netz: www.wearekasino.com