Klaus Neuburg | Sebastian Pranz – Moving Tbilisi

Live dabei, mit einem Film, irgendwo im Kaukasus: Klaus Neuburg und Sebastian Pranz folgten dem Ruf des Goethe-Instituts – nach Tiflis. Zehn Kilometer vor der tschetschenischen Grenze fahren die Menschen Lada Niva oder reiten direkt Pferde. In einer Taverne sitzen die beiden Designer, zählen die Minuten bis zu ihrer Abreise nach Georgien: Am folgenden Tag wird die Release-Party sein. Wenn die Druckerei wie versprochen liefert. »Bis ich nach Georgien gekommen bin, war ich Vegetarier.« erzählt Klaus Neuburg. »Jetzt fange ich von vorne an.« Auf der Leinwand ein Bild regionaler Köstlichkeiten, mit jedem Bissen eine Überraschung – ähnlich wie die Sache mit den täglichen Stromausfällen in Tiflis, die die Druckerei daran hinderte, das Magazin zum Termin zu drucken. Dann halt einen Tag später ...

Wie es zum ungewöhnlichen Ausflug der Designer nach Tiflis kam? Stefan Wackwitz war schuld; mit seiner Geschichte »Lesen an seltsamen Orten«, zu denen auch Tiflis gehörte. Einige Telefonate und eine Einladung von Wackwitz, dem Leiter des Goethe-Instituts in New York, folgten. Dann reisten die beiden Designer in die georgische Stadt, um ein Magazin zu machen, an einem dieser seltsamen Orte aus den Beschreibungen von Stefan Wackwitz. In Tiflis.

Angereist ohne fertiges Konzept, nur mit einer Idee und dem Arbeitstitel »Moving Tbilisi« für das Projekt, entdecken Klaus Neuburg und Sebastian Pranz in Tiflis den seltsamen Ort, den Stefan Wackwitz beschrieb, für sich. Ob im täglichen Kampf mit Zebrastreifen und gänzlich anderen Gewohnheiten im Straßenverkehr Georgiens, in einem Redaktionsraum unter begrüntem Terrassendach, die Arbeit am Magazin ähnelte einem überraschenden Puzzle und einer Art Spurensuche durch Archive und Bibliotheken. Quasi Nebenbei-Erkenntnis im Vorübergehen: Der historisierende Retroblick zeitgenössischen Designs, der jüngeren Menschen in Tiflis eher fremd ist. Sie sind geprägt von Tschetschenienkrieg, von politischen Veränderungen der Gegenwart, der Erfahrung, dass eigentlich nichts sicher ist und stetem Wandel unterworfen - »und schauen überhaupt lieber nach vorne.« (Sebastian Pranz)

Zu den interessantesten Erfahrungen in Tiflis zählte für Neuburg und Pranz die Begegnung mit den 33 Buchstaben und 28 Konsonanten mit der georgischen Schrift, die »irgendwie an zerhackte Regenwürmer«, an thailändische Schriftzeichen erinnerte. Bis zu sieben Konsonanten hintereinander stellten die Sprachkünste der beiden Designer vor hohe Herausforderungen. Tiflis alias Tbilisi – ein inspirierendes Erlebnis, geprägt von Teamgeist, Zusammenhalt und unglaublichem Einsatz für das gemeinsame Projekt »Moving Tbilisi«. Gelernt haben die beiden Designer nicht nur, wie man ein Magazin statt wie in Deutschland in vier Monaten, sondern in Tiflis in drei Wochen macht. Und dass georgische Drucker bisweilen nachts durcharbeiten, mit Unmengen von Wodka, um das Erscheinen des Magazins zum angepeilten Termin doch noch möglich zu machen.

Klaus Neuburg und Sebastian Pranz im Netz: www.buerozoo.de