Horst Moser – Die Grammatik des Geschichtenerzählens

Unterschiedliche Stilmittel von Erzählung, von geschriebenem oder gesprochenen Wort, in Sprache gegossene Zeit und das Verhältnis zu Bewegung, Tempo, Themenkreis, rhythmische und sprachliche Konsequenz: All das zählt Horst Moser auf als essentielle Grundlagen des Geschichtenerzählens, zunächst mit ausschließlicher Perspektive auf das Wort. Eine Bandbreite, die vor allem der Sprache zur Verfügung steht. Doch wie kann man in der Gestaltung von Sprache, im Editorial Design, diese vielfältigen Stilmittel und Feinheiten übersetzen, in eine gemeinsame, passende Form übertragen, die eine Grammatik des Storytelling ergibt?

»Zettels Traum« ist für Moser ein solches Werk eines konstruktiven Prinzips der Übersetzung in Formen: Traumfragmente und Realität in unterschiedlichen Spalten schaffen in der Gestaltung eine Struktur unterschiedlicher Bewusstseinsebenen und damit eine gestalterische Übersetzung von Inhalt in formale Elemente. Auch das Magazin Alla Carta folgt einem solchen Layoutkonstrukt in der Erzählung von Zeit – einer einzigen Stunde gemeinsamen Essens, beim Frühstück oder Abendessen, mit einer bekannten Persönlichkeit. Porträts, Einblicke, Details und Text bilden einen Zeitabschnitt einer gemeinsamen Aktion von Fotograf, Texter und eingeladener Person ab. Aus der Abfolge und dem Rhythmus der Gestaltung ergibt sich der Eindruck eines zeitlichen Ablaufs, den die eigentliche Geschichte – die Sprache – vorgibt.

Standardisierte Layouts sind Horst Moser ein Gräuel: »Das ist gleichsam vorgestanzt«, bemängelt der Designer. Die vorgegebene Form, die starre Gestaltung nimmt in ihrer Unflexibilität der Geschichte einen Großteil ihres erzählerischen Potenzials und ihrer Gesamtwirkung. Auch die Auswahl des Materials für die Gestaltung einer Geschichte gehört für Moser zu den wichtigsten Aspekten des Erzählprozesses: »The Making of« als Beispiel für ein Herantasten an die Frage von Bildern, ihrer Auswahl und Ausschnitte, die Annäherung an Ausschnitte und einzelne Aspekte. Alles in allem ist auch das ein Prozess, der dazu dient, herauszufinden ob eine Geschichte letztlich trägt und funktioniert im Zusammenspiel zwischen Wort und äußerer Darstellung und Form. Den vorgegebenen Gestaltungsrahmen, für die Moser Zeitungs- und Magazinseiten als Belege zeigt, ist eines gemeinsam: Sie funktionieren nicht, behindern in ihrer starren Unflexibilität die »Grammatik des Storytelling«.

Diese Grammatik ist für Horst Moser kein starres Korsett, sondern ein überaus nützliches Repertoire, das den starren Rahmen vorgegebener Gestaltungselemente sprengen kann: Weniger auf Sprache bezogen denn auf die Art und Weise, wie man Geschichten auch visuell erzählen kann. Die Auslegung des Wortes »Grammatik« beinhaltet bei weitem nicht nur die Sortierung von Einzelaspekten, die einem charakteristischen Rhythmus folgt und damit Spannungsbögen von Sprache in Gestaltung und Form übersetzt. Sie beinhaltet genauso zeitliche Abfolgen von Bildern, ihre Anordnung und Gewichtung; fordert den Blick auf »unwichtige Details«, auf visuelle Führung in Zusammenhängen, Anordnung und Dynamik, auf Perspektiven und Authentizität von Bildern. So wie Sprache durch Grammatik sortiert und verständlich wird, braucht auch Storytelling eine eigene Grammatik, die in Form und Visualisierung übersetzt. Ihr mögliches Repertoire ist dem der Sprache sehr ähnlich, führt aber in enger Verzahnung mit formaler Gestaltung und Visualisierung Sprache über ihre Grenzen hinaus. 

Horst Moser im Netz: www.independent-medien-design.de